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Das Alkoholverkaufsverbotsgesetz und seine Folgen

Letzten November hat der Landtag Baden-Württemberg ein vollkommen überflüssiges Gesetz namens „Gesetz zur Abwehr alkoholbeeinflusster Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung während der Nachtzeit und zum Schutz vor alkoholbedingten Gesundheitsgefahren (Alkoholverkaufsverbotsgesetz)“ verabschiedet. Ja, der Ich-gebe-dem-Gesetz-einen-Namen-Mann wird scheinbar nach Buchstaben bezahlt.

Ich will hier gar nicht großartig darlegen, wieso das Gesetz überflüssig ist. Das Jugendschutzgesetz besteht schon, sollte einfach mal richtig angewandt und kontrolliert werden. Dann würde man merken, daß es kein neues Gesetz gebraucht hätte. Aber gut. Ich bin eh nicht der Typ, der nachts an der Tanke unbedingt noch ein Bierchen braucht. Was nichts daran ändert, daß meine Mündigkeit als volljähriger  Bürger dadurch beschnitten wird. Ich hatte bisher meine Meinung zu dem Gesetz,  persönlich betroffen hats mich aber nicht. Bis letzten Freitag!

Wir waren in der örtlichen Filiale eines Neckarsulmer Lebensmittelhändlers einkaufen. Seit einigen Monaten ist dort von 7-24 Uhr geöffnet. Und wenn man eben erst um 22 Uhr an einem Freitag Abend Lust oder Zeit hat, einzukaufen, dann geht man eben auch erst dann.

Jedenfalls habe ich irgendwann extreme Lust auf Karamalz bekommen. Da abends die Regale nicht mehr so oft aufgefüllt werden, war ich froh, zumindest 2 Flaschen ergattern zu können. Beim Anstehen an der Kasse saß ich in Gedanken schon daheim bei einem eisgekülten Karamalz. Schön kalt, bei grob 30° C, hach, das wird sooo lecker. Die Flaschen lagen am Ende unseres Einkaufs, gleich, ja gleich würde ich bezahlen, heimfahren und genießen!

– Hier stelle man sich vor, wie die Nadel eines Plattenspielers über eine Schallplatte kratzt –

„Das darf ich Ihnen leider nicht verkaufen, wir haben nach 22 Uhr.“ Ich habe kurz überlegt, ob ich irgendwas alkoholisches gekauft habe, kam aber zu dem Schluß, daß da nichts war. Also habe ich den Kassierer erstmal angeschaut, als ob er von einem anderen Stern kommt. Er deutete auf die Karamalz-Flaschen.

Ich habe kurz gelacht und ihn aufgeklärt, daß das ein alkoholfreier Malztrunk ist. Das hab ich schon als 5jähriger getrunken. Das war ihm egal, er entschuldigte sich, aber er konnte das MalzBIER leider nicht bonnieren. Klar, man kann sowas umgehen, aber ich wollte natürlich auch nicht, daß ein armer Schüler oder Student aufgrund einer schwachsinnigen Regelung wegen eines schwachsinnigen Gesetzes seinen Nebenjob verliert.

Okay, es war klar, daß irgendjemand wahrscheinlich einen im Tee hatte, als er die Kassen programmiert hat. Nachdem der geforderte Geschäftsführer Freitag Abends um halb Elf natürlich nicht da war, suchte ich den Infostand auf. Dort wollte man mit weis machen, daß Karamalz von Oettinger sei und 2,0 % Alkohol enthalte. Ui, wieder was gelernt! Karamalz ist natürlich nicht von Oettinger. Die haben ihr eigenes Malzgetränk, das aber keinesfalls an Karamalz rankommt. 2,0% sollte ein Leichtbier oder ein Frauenbier (Beck’s Lemon o.ä.) haben. Aber sicher kein Malzbier, auf dessen Flasche auch noch groß „alkoholfrei“ steht.

Zum Thema „Alkoholfreies Bier“ sagt  Wikipedia: „So genanntes alkoholfreies Bier enthält meist noch eine geringe Menge Restalkohol. Dieser liegt je nach Herstellungsverfahren zwischen 0,02 % und 0,5 %. Zum Vergleich: Die meisten Fruchtsäfte enthalten von Natur aus durch Gärprozesse vergleichbare Alkoholmengen.“ WTF? Okay, das mit den Fruchtsäften wußte ich auch noch nicht, aber jedenfalls war ich stinksauer.

Später daheim schreib ich folgende Mail an den Kundenservice:

Sehr geehrte Damen und Herren,

vorhin gegen 22:35 Uhr war ich […] einkaufen. Mir wurde mit Bezug auf das sog. „Alkoholverkaufsverbotsgesetz“ verweigert, das Getränk „Karamalz“ zu erwerben. Scheinbar wurden die Kassen falsch programmiert. Der Kassierer weigerte sich (wohl aus Angst vor Konsequenzen im Hinblick auf die Umgehung des Gesetzes), das Produkt anderweitig zu bonnieren.

Bei „Karamalz“ handelt es sich um einen alkoholftreien Malztrunk, der ganz sicher nicht von o.g. Gesetz betroffen ist. Sicherlich ist bei der Programmierung der Kassen ein Fehler unterlaufen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie dafür sorgen würden, daß die Kassen korrekt programmiert werden.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen,

Vorhin erreichte mich die Antwort (gekürzt, nur die wichtigen Stellen):

Gerne moechten wir Sie ueber die diesbezuegliche Abwicklung an unseren Kassen informieren:
Vorraussetzung, dass der Kassiervorgang inklusive alkoholische Artikel abgeschlossen werden kann ist, dass der erste Artikel Ihres Einkaufs vor 22:00 Uhr erfasst wird. – Massgeblich hierfuer ist die Uhrzeitanzeige der Kassen.

Im Gesetzestext des Landes Baden-Wuerttemberg ist allgemein nur die Rede von`Getraenken. Per Definition entstehen alkoholfreie Getraenke, durch Gaerung. Selbst alkoholfreies Bier kann geringfuegig Alkohol enthalten, je nach dem wie der Herstellungsprozess ist. Dennoch koennte dieses Thema eine Streitfrage sein, bei der wir als Unternehmen die Verpflichtung haben, uns streng nach dem Gesetz auszurichten.

WTF? Ein Unternehmen mit über 950 Filialen in halb Europa hat allen Ernstes Angst davor, daß es Probleme kriegen könnte, weil es alkoholfreie (und zwar per Gesetz alkoholfrei!) Getränke verkauft, die evtl. etwas Alkohol enthalten?

Ich mags zwar nicht, aber ich glaube, ich teste mal, ob ich 10 Packungen Mon Cheri kaufen kann. Die enthalten immerhin 0,66 g Kirschlikör pro Praline. Da Pralinen aber kein Getränk sind, sollte ich die ja problemlos kaufen können. Logik anyone?